Sinfonia und Hubschrauberlärm
Überraschung beim Jahreskonzert des Nieder-Olmer Bläserchors
von Benjamin Cors
NIEDER-OLM. Hubschrauberlärm, Verse in Reimform und klassische Sinfonien: Wer glaubt, daß diese Mischung nicht zusammenpaßt, mußte sich eines Besseren belehren lassen: Der Bläserchor Nieder-Olm verwandelte bei Jahreskonzert die Ludwig-Eckes-Festhalle in eine Showbühne voller Überraschungen.
Drei Tage lang hatten sich die Musiker bei einem Probewochenende auf der Lorelei intensiv auf diese Veranstaltung vorbereitet. “Ich hoffe, daß sie ein gutes Ergebnis zu hören bekommen”, betonte Christian Küchenmeister, der Leiter des Bläserchors. Und tatsächlich präsentierten sich die unterschiedlichsten Blasinstrumente als harmonische Einheit. Hier wurden anspruchsvolle Werke aus Klassik und Neuzeit aufgeführt. Der Eröffnungsmarsch der Sommerolympiade in Atlanta, die Sinfonia Classica von Ted Huggens oder ein bekannter Walzer von Dimitri Schostakowitsch – der Bläserchor präsentierte die Stücke sicher und wurde dafür mit langanhaltendem Applaus belohnt.
Zwischen den Stücken gab der Chorleiter selbst verfaßte Verse zum besten, die auf ironische Art und Weise das Musikerleben auf den Arm nahmen. Absolutes Highlight war die Eröffnung zur Suite aus “Miss Saigon”: Mit ohrenbetäubendem Hubschrauberlärm aus den Lautsprechern begann ein zehnminütiges Arrangement, in dem vor allem die Vorträge von Klarinetten und Trompeten bestachen. Nachdem zwischenzeitlich der Jugend-Bläserchor aus Nieder-Olm sein können gezeigt hatte, setzen die Musiker nach der Pause mit Neil Diamond und Frank Sinatra weitere unterhaltsame Glanzlichter.
Mainzer Rhein Zeitung
30.11.1998
Dialog von Klarinette und Posaune
Nieder-Olmer Bläserchor setzt beim Jahreskonzert auf kommunizierende Instrumente
bjz. NIEDER-OLM – Auf drei Neuigkeiten machte Stefan Geisinger bei der Eröffnung des Jahreskonzertes des Nieder-Olmer Bläserchors aufmerksam : Das erste Konzert in der neuen Halle. ein neues Logo aus der Feder des Nieder-Olmer Künstlers Peter Wank und schließlich mit Karl Müller ein neuer Moderator. Was hingegen die musikalische Umsetzung des Programms anbetraf, so konnte sich das Publikum auf die gewohnte Solidität verlassen.
Begann das Programm “Music up to date” mit dem etwas trägen “Friends for Life” von Dizzy Stanford so folgten zum Beispiel mit der “Hudson Melodie” Stücke mit öfter wechselnder Rhythmik und höheren spielerischen Anforderungen. Zum “Posaunistenglanz” übernahmen Charlotte Brechtel, Peter Becker und Jörg Polzin solistisch überzeugend die Alleinregie – ähnlich, wie bei der “Sehnsuchtsmelodie”, von Walter Scholz im letzten Konzertteil, als alle sechs Trompeten dicht vor dem Publikum Stellung bezogen, um mit dem restlichen Chor in Dialog zu treten. Für dieses Zusammenspiel sorgte in souveräner Weise Dirigent Christian Küchenmeister, der einst Klarinette und Taktstock in den Reihen des Bläserchors rührte, zur Zeit jedoch die Leitung des Landespolizei-Musikchors innehat. So war der Betrachter des diesjährigen Konzertes möglicherweise mehr denn je geneigt die hervorragende Dirigiergestik mitzuverfolgen.
Betrachtet man die ihm auf der Bühne zugestandene Zeit, so hat Karl Müller mit seiner Ankündigung als “Pausenfüller” maßlos übertrieben, waren doch seine Fassnachts-Nachbeben oftmals länger als die dargebotenen Musikstücke. Bevor der Jugend-Bläserchor mit vier kurzen Stücken den längsten Applaus des Abends einheimste, brachte die Hauptformation mit dem wechselnden bluesigen “Tuxedo Junction” einen Höhepunkt – und das Publikum zum Mitwippen. Die mit Dämpfern bestückten Posaunen wechselten mit der siebenköpfigen Klarinettenfraktion: Auf schnelles Saxophon-Solo, krächzte ein Trompete durch den Metalldämpfer, bevor das langsam-glänzende Posaunenmotiv wieder den Ruhepol des Stückes markierte. Peter Becker präsentierte mit den Nachwuchsbläsern den Cat Stevens-Hit “Morning has broken”, aber auch ein Potpourri aus bekannten russischen Melodien, wo die Jüngsten ihre Fähigkeit im mehrstimmigen Zusammenspiel sehr diszipliniert zeigen konnten.
Angesichts eines Konzertmottos “Music up to date” durfte der Zugriff auf die aktuellen Musical-Charts nicht ausbleiben. So würdigte der Bläserchor Andrew Lloyd Webber mit einem “Symphonie Portrait” in dem Motive aus “Evita”, Jesus Christ Superstar” und anderen Erfolgskompositionen ineinander übergingen. Nach der “Polka up to date” ertönte schließlich zum Finale des gelungenen zweieinhalbstündigen Konzertes als Pendant zu Webber ein von James Barnes arrangiertes “Panakustikum.
Mainzer Allgemeine Zeitung
3.6.1997
Kein einziger Mißton war zu hören
Erster Auftritt des Bläserchors in der Ludwig-Eckes-Halle
NIEDER-OLM. DIM. Vor ihrem ersten Auftritt in der neuen Ludwig-Eckes-Halle hatten die über 30 Musiker des Bläserchores Nieder-Olm schon ein bißchen Bammel. “Die Akustik ist hier zwar viel besser, aber dafür hört man aber auch den kleinsten Fehler”, kommentierte Vorsitzender Stefan Geisinger die erhöhten Anforderungen. Im nachhinein sollten sich seine einleitenden Befürchtungen als vollkommen unbegründet erweisen. Beim Jahreskonzert des Nieder-Olmer Bläserchores drang nicht ein Mißton an die 400 Ohrenpaare im Auditorium.
Unter dem Motto “Music up to Date” spielte das große Ensemble unter Leitung von Christian Küchenmeister zum Auftakt eingängige amerikanische Melodien wie Dizzy Stratfords “Friends for life” oder Jan Hadermanns “Twins”. Einen besonderen musikalischen Leckerbissen boten die Bläserchor Posaunisten Charlotte Brechtel, Peter Becker und Jörg Polzin mit ihrem “Posaunistenglanz”-Solo. Die “Tuxedo Junction” von Erskine Hawkins war das letzte Stück vor der ersten Verschnaufpause für die etablierten Musiker.
Durch den Abend führte Alt-Hofsänger Karl Müller. Dem erfahrenen Fassenachter gelang es mit seinen überleitenden Reimen, “Meenzer” Liedchen und Geschichten nicht immer, dem eher ernsten Rahmen des Konzertes gerecht zu werden. Zu sehr erinnerten seine moderativen Eingriffe an die fünfte Jahreszeit.
Dafür war die Musik weiterhin vom Feinsten. Das neunköpfige Jugendorchester mit Dirigent Peter Becker dokumentierte die Qualität des Bläserchor-Nachwuchses eindrucksvoll. Die Acht- bis 14jährigen begannen mit Kolditz’ “Wir kommen”, weckten die Zuhörer mit Cat Stevens “Morning has broken”, spielten den “Soft-Shoe-Shuffle” und “Russia” von Ernie Waites.
Nach einer kurzen Pause setzten die erfahrenen Musiker zum großen Finale an. Für die etwas traditioneller orientierten Gäste gab es geblasene “Musikantengrüße”, die “Sehnsuchtsmelodie”, “In der Weinschenke” und eine “Polka up to date”.
Als “besonders schwierig” hatte Trompeter Ralf Hartz im Vorfeld das “Symphonic Portrait” von Musical-Zar Andrew Lloyd Webber bezeichnet. Das komplizierte Potpourri gelang ebenso problemlos wie abschließend “Leroy Anderson’s Portrait”.
Mainzer Rhein Zeitung
25.5.1997
Musicanten, eine Zierde des Festes
von Peter Weisrock zum 25 jährigen Jubiläum
Erst mit Beginn des 18. Jahrhunderts läßt sich in Nieder-Olm das Auftreten von Musikanten schriftlich belegen. Da es bis zum 16. Jahrhundert keine selbstständige Instrumentalmusik gab, dürfen wir unterstellen, daß der Gebrauch von Einzelinstrumenten bereits wesentlich früher in dem kleinen kurmainzischen Städtchen üblich war. Ihre Anwendung erfolgte möglicherweise im sehr bescheidenen Rahmen zum Kirchweihfeste, wenn offene dänz von denen jungen leuthen veranstaldtet werdten, wie Schultheiß Johann Schreiber 1776 bemerkt. Aber die Musicanten beteiligten sich nicht nur an der Gestaltung weltlicher Vergnügen. So ist uns seit dem Jahr 1708 bekannt, daß die Musicanten, so uff Kirchweyhung bey der Proceßion umb den Ort das hochwürdige Guth ( Monstranz ) mit ihren Pfiedelen (Fiedeln) begleitet haben.
Bald erfahren wir auch den ersten Musikantennamen : 1779 heiratet Theobald Ambach, Musikant aus Gau-Algesheim, nach Nieder-Olm, dessen Nachfahren noch bis in unsere Zeit der musikalischen Ambition ihres Familiengründers treu blieben. Auch an der Revolutionsbewegung Nieder-Olmer Jakobiner, am Anfang des Jahres 1793, beteiligten sich die die Dorfmusikanten, als alle ehemaligen herrschaftlichen Wappen im Schloß, als auch an den Häusern demoliert, wobey die Music unter beständigem <Vivat la Nation> sich hören liesse. In der nachfolgenden napoleonischen Epoche bezeichnete Maire (Bürgermeister) Franz Jacob Leiden anläßlich der Kirchweih von 1803, die Musicanten als eine Zierde des Festes. Unter weniger erfreulichen Umständen lernen wir ein Jahr später weitere Musikantennamen kennen. Um ihren Kollegen Jakob Sieben vor dem meist sicheren Tod auf den Schlachtfeldern zu retten, attestierten die Musicanten Valentin Ambach und Anton Seibert ihm vor dem gefürchteten Musterungsausschuß eynen Gehörfehler und Bewußtseynsstörungen, die besonders dann auftredten, wenn wir an Kirchwey aufspielen.
Bei der ersten uns bekannten größeren Kapelle handelt es sich um die 1865 gegründete Musikkapelle Eifinger-Schmitt, die bis Ende der 1870er Jahre bestand. Nach der 1871 erfolgten Proklamierung des zweiten Deutschen Reiches durch Bismarck erfreute sich die Militärmusik auf den Rekrutenbällen und Veranstaltungen des Veteranenvereins zunehmender Beliebtheit. Wie in vielen anderen benachbarten Gemeinden etablierten sich auch in Nieder-Olm im verstärkten Maße Musikkapellen, zumeist nach dem Vorbild der auch im Landkreis bekannten Militärkapelle der 23er Dragoner in Mainz. Anton Ambach baute 1880 eine kleine Musikantengruppe auf, die bis in die 1920er Jahre zu hören war. Der Schriftsteller Wilhelm Holzamer hat ihn unter dem Pseudonym Anderbach, der in der Brauerei (Gasthaus zur Krone) zur Kirchweih aufspielte, in seinem Roman Vor Jahr und Tag verewigt. Bis zur Jahrhundertwende zeigte die Musikkapelle Schmitt-Seibert ihr Können. Wie die Musikkapelle Michael Eifinger bestand sie bis in die 1930er Jahre. Den musikalischen Rahmen großer kirchlicher und weltlicher Festtage gestaltete man oft in kooperativer Gemeinsamkeit.
Noch während der Amtszeit von Pfarrer Bernhard Wahlig (1914-1925) konstituierte sich im katholischen Jugend- und Jungmännerverein um 1920 eine Blaskapelle, die vornehmlich der musikalischen Umrahmung kirchlicher Veranstaltungen diente. Sie stand unter der Leitung des am Mainzer Stadttheater tätigen Kammermusikers Georg Mayer aus Nieder-Olm. Ihm nachfolgende Dirigenten waren, bis zur Gleichschaltung in der nationalsozialistischen Zeit, Emanuel Frühmann und Otto Pütz.
Durch die Wirren des 2. Weltkrieges und fehlenden Nachwuchs mußte man um den Fortbestand der alten Tradition bangen Dieses Problem wurde durch eine Neugründung im Jahre 1968 unter Pfarrer Nicolay und dem Dirigenten Karl Mombächer beseitigt.
Erschallet, Posaunen !
von Rosemarie John-Hain zum 25 jährigen Jubiläum 1993
Fünfundzwanzich Johr is er alt, de Bläserchor. Mehr soll’s net glaawe – schun so alt un noch so jung ! Guckt’s eich doch oo, des Geburtsdagskind: Lauter junge Leit ! Nachwuchssorje hot’s do offenbar nie gewwe. Un selbst die, wo vun Oofang oo debeib warn, sin immer noch im beschte Alter, denn des warn jo gant junge Spunde domols, wie se oogefange hawwe, grad emol so heiratsfähig. Un eren erschte Ufftritt war dann aach e Ständche beim Polterowend von eme Gründungsmitglied – un des gleich noch emol im erschte Johr.
Awwer bis se so weit warn ! Liewer Gott ! Die hatte jo werklich koo Ahnung von Tuute un Bloose ! Interesse war so ziemlich es oonzische, was se hatte. Un e Zusag vum Parre, daß er en oostännische Batze fer Instrumente lockermache det. Weil awwer de Erich un de Schorsch so mächtig die Werbetrummel fer die Gründung vun erer nei, jung Kerchemussick geriehrt hatte, hot em Herr Parre soi Geld bei weitem net gelangt. Er hatt beides unnerschätzt: Die Preise vun de Instrumente un es Interesse vun de junge Leit an de Mussick. Hätt mehr jetzt die Hälft von dene, wo mitmache wollte, vor de Kopp stoße un widder hoomschicke solle “ Vleicht hätt mehr do grad die größte Talente ausgeschlosse. – Also, wann do net em Alfred die Idee kumme wär, emol beim evangelische Parre zu frooe, was dann aus dene Instrumente vum frühere evangelische Posaunechor worn wär, un wann die evangelisch Parrei dodruffhie net so großzügig des ganze alte Zeisch zur Verfügung gestellt hätt, do wär de Bläserchor heit mit Sicherheit net des, was er is: En Klangkörper , wo sich sehn un vor allem hörn losse kann. Der spielt doch heit grad alles – vun Klassisch bis Pop – vun Choräl bis Narhallamarsch. Die schrecke vor nix zurück. Awwer domols, im Mai 68, wie es erschtemol jeder so e Ding in de Hand un an de Lipp hatt un verzweifelt prowiert hot, do en Ton erauszubringe, do hätt sich des werklisch kooner vorstelle könne.
Ja, so hot’s oogefange. Bei Null. Un doch isses jo net so gewäse, daß es dodevor in Nerollem iwwerhaupt koo Mussick gewwe hätt ! Nadierlich hot’s die gewwe ! Bloß war des halt irschentwie e anner Mussick gewäse. Des warn meh so Naturtalente, wo weniger no Note wie no Gefühl gespielt hawwe. Awwer vielseitig warn se, des muß mehr ooerkenne. An Kerb, wammir ins Bierbrauersch Saal um de Springbrunne erumgedanzt sin, do hot de Salli gegeit, un bei Beerdigunge un an Fronleichnam, do hot er Horn gebloose.
Fronleichnam ! Die Prozession ! Des war die alt Kerchemussick eren große Dag. Des war e feierlich Ooogeleeschenheit. Langsam un würdig is die Mussick im Gleichschritt marschiert – noo, geschritte ! Un in dem langsamme, gemessene Takt hot se gebloose :
Dei-nem-Hei-land-dei-nem-Leh-rer— un Kommt-und-lo-bet-ih-ne-E-hend— Fer die Leit, die wo jo net den Gleichschritt hawwe oihalle könne un ohne Takt un Tritt hinnerher getrottelt odder gedribbelt sind, war des immer e bißje zu langsam, un die warn dann mit ereme Text schu immer e bißje voraus un hun schun un – tet – die – sehr Hut gesunge, wann die Mussick noch bei geht – ver – lo – ren war. Die Stroph hot mir als Kind schon immer Schwierigkeite gemacht. Der Satz hot doch moi Sprachgefühl gestört; ich hab den als falsch emfunne. Des hätt doch „unter diesem Hut“ haasche müsse ! Un unner diesem Hut hab ich mehr immer so en Zylinder vorgestellt, wie se die Mussick uffhatt, bloß riesengroß, wo all die Seele, die wo net verlorngehe, drunnerhocke un unnerm Rand erauslinse.
De Bläserchor braucht net nemmeh im Trauerschritt mit de Prozession zu geh; der kann im Sitze spiele un krieht de Takt vun soim Dirigent oogewwe. Un aach dann, wann annern de Takt oogewwe wolle, wie am Kerwemondag im Pfarrhof, dann stört en des iwwerhaupt net – er spielt trotzdem richtig. – De Bläserchor hor aach koo Zylinder meh. Der hor die alte Hüt abgeschafft. Alle – bis uff oon; Es Ständche am 1. Mai. Awwer des is en wunnerscheene alte Hut mit Bändcher un Schlöppcher. Un wann die Mussick do in aller Herrgottsfrüh es ganze Ort wachmacht un ich mit „wunderschön Prächtige“ geweckt wer, was moohnt ehr, wie ich mich do geschmeichelt fühl un mit was fer eme Elan ich do uffstei ! Als ob ich fünfundzwanzisch wär !
Un ich denk dann immer: Hoffentlich kimmt net emol ooner uff die Idee, den alte Hut fortzuschmeiße—-